Eure Widerspenstigkeit
Offensichtlich hat ihm
das Essen geschmeckt. Voller Zufriedenheit zieht er an
seiner Pfeife und beobachtet genau meine Bewegungen, mit
denen ich den Tisch abräume. Er genießt die Ruhe, mit
der ich das mache. Außerdem weiß er, wie sehr ich mir
immer wieder seinen starken Blick herbeisehne, so dass
ich mir die größte Mühe mit jeder meiner Bewegungen
gebe. Nachlässigkeiten würde er sowieso nicht dulden.
Als ich mit allem Nötigen fertig bin, stelle ich mich in
respektvollem Abstand neben seinen Platz. Ich senke den
Blick, halte die Hände hinter meinen Rücken, als ob sie
dort von etwas Unsichtbarem festgehalten werden, und
erwarte Richards Anweisungen für den heutigen Abend.
Wenn ich daran denke, wie ich noch vor einigen Jahren
war, muss ich zugeben, dass Richard mich wirklich gut
erzogen hat. Ich habe jetzt einen anderen Stolz als
früher, eine neue Stärke. Kurz gesagt, hat mir seine
einfühlsame Erziehung gut getan. Eine Weile vergeht, ehe
er sich mir zuwendet:
„Der morgige Tag wird sehr anstrengend sein. Du gehst
jetzt besser schlafen.“ Ohne Zögern folge ich seiner
Anweisung, obwohl es noch früh am Abend ist. Gedanken
schießen mir durch den Kopf, und ich überlege, was er
morgen mit mir vorhaben könnte. Spannung, Angst und
Faszination mischen sich in mir zu einem lustvollen
Cocktail der Gefühle, so dass ich in einen schönen
Schlaf gleite. Das Aufwachen wird dagegen um so
abrupter.
Ich bin noch ganz benommen, als ich merke, dass es ein
fremder Mann ist, der mich wachrüttelt. Weil er mich
genau in der Tiefschlafphase erwischt hat, bin ich nicht
in der Lage, Widerstand zu leisten, als er mir das
‚kleine Schwarze‘ über meinen nackten Körper zieht und
meine Hände auf dem Rücken fesselt. Bevor ich nur einen
Ton sagen kann, habe ich auch schon einen Knebel im
Mund. Meine Füße verpackt er in die schwarzen Pumps, die
ich gestern Abend noch trug.
Mit großen angstvollen Augen sehe ich den Mann, den ich
nicht kenne, an. Er scheint diesen Blick zu genießen
und, wartet einen Augenblick, ehe er mir mit einem
schwarzen Tuch die Augen verbindet. Danach zieht er mich
kräftig an den Haaren hoch. Ich muss gerade stehen.
Unter dieser schmerzhaften Anspannung werde ich
hellwach. Nur einen Moment später reißt er meine Haare
auf Taillenhöhe herunter und ich muss vor ihm in der
Beuge stehen. An den Haaren werde ich dann durch das
Haus in die Garage gezogen. Ich merke, dass er sich im
Haus genauso gut auskennt wie ich, und dass er nicht
zimperlich ist bei meiner Behandlung. Angstvolle Schauer
durchziehen meinen Körper, als ich im Kofferraum des
Autos liege.
Erst jetzt kann ich überlegen, wer der Fremde sein
könnte und warum er mich entführt. Wieso konnte er
unbemerkt ins Haus? Wo war Richard? Wieso fährt er ein
Auto aus unserer Garage? Mir dämmern Richards Worte von
gestern Abend, und ich spüre, wie sich meine Angst zum
Teil in Erregung unter dem knappen Kleid verwandelt.
Vieles geht mir durch den Kopf, und ich weiß nicht, ob
die Fahrt ein oder zwei Stunden dauert. Jedenfalls wird
mir nach meiner Befreiung aus dem Kofferraum ein
ledernes Halsband angelegt, an dem auch gleich gezogen
wird. Anscheinend ist es an einer Kette befestigt, so
dass ich dem Fremden folgen muss. Er führt mich sehr
gut. Meine Absätze hallen mit jedem Tritt.
Das helle Echo erinnert mich an die Hinterhöfe, auf
denen wir als Kinder ‚Räuber und Gendarm‘ oder
‚Indianer‘ spielten. Es folgt das Geräusch einer sich
öffnenden Tür, die hinter uns zufällt. „Jetzt kommen
Stufen.“ Seine ersten Worte helfen mir, trotz der
verbundenen Augen nicht zu stolpern. Die Stimme ist gar
nicht so tief, wie ich es vermutet habe. Irgendwie
angenehm – und doch bestimmt. Als wir im dritten oder
vierten Stock ankommen, klopft er dreimal gegen eine
Tür. Ich höre, wie sich die schwere Eisentür öffnet und
kurz darauf wieder ins Schloss fällt. Ich fühle, dass
sich noch jemand im Raum befindet. Nach ein paar
Sekunden werden mir die Augenbinde und der Knebel
abgenommen.
Meine Augen gewöhnen sich aber nur schlecht an das
grelle Licht. Deshalb erkenne ich nur langsam, dass wir
uns nicht in der Art Folterkammer, die ich erwartet
hatte, befinden. Wir sind in der Sportwarenabteilung
eines großen Kaufhauses. Endlich kann ich auch die
beiden dunklen Gestalten halbrechts von mir
identifizieren. Der eine der beiden Männer ist Richard,
und ich bin froh, dass er da ist. Der Andere ist der
Fremde, den ich jetzt erstmals richtig betrachten kann.
Er ist noch etwas größer als Richard und vielleicht zehn
Jahre jünger. Sein Aussehen ist gepflegt und streng.
Die Augen haben einen stechenden Blick. „Das ist Peter.“
Peter zeigt den Hauch eines Lächelns. „Ich kenne ihn
inzwischen ziemlich gut. Du wirst heute sein Spielzeug
sein. Ich hoffe, du blamierst mich nicht.“ „Das wollen
wir doch nicht annehmen“, fährt Peter fort und kommt
erwartungsvoll auf mich zu. „Ich denke, wir werden uns
gut verstehen, oder?“ Während dieser Worte tastet er
langsam mein Gesicht ab. Und schon fange ich mir eine
kräftige Ohrfeige ein.
„Ich habe dich etwas gefragt!“ zischt jetzt ein scharfer
Wind um meine Ohren.“ „Werden wir uns verstehen?“ „Ja,
mein Herr.“ „Ich wünsche, dass du mich ‚mein Gebieter‘
nennst. Ist das klar?“ Die Tonart dieser Worte lässt
mich innerlich zusammenzucken. „Ja, mein Gebieter.“ „Ich
höre nicht so gut!“ „Ja! Mein Gebieter!“ „So ist’s
brav.“ Sanft wie seine letzten Worte streichelt er mein
Haar. Richard hat es sich inzwischen auf einem fahrbaren
Sessel bequem gemacht und beobachtet uns aus
angemessener Entfernung. Ich bekomme Angst, ihn zu
enttäuschen.
Schließlich ist es das erste Mal, dass er mich verleiht.
Aber für Angst bleibt keine Zeit, denn Peter fährt schon
fort: „Heute Nacht werde ich ein paar Spiele mit dir
machen damit wir uns aneinander gewöhnen. Morgen habe
ich dann etwas Besonderes mit dir vor.“ Er nimmt wieder
die Kette, an der ich durch das Halsband befestigt bin
und führt mich zu einem der Sportgeräte. Man kann darauf
Fahrradfahren simulieren. „Zieh dich aus.“ Ich streife,
nachdem ich mich der Pumps entledigt habe, das Kleid
über den Kopf. Die Kette rasselt leise, als sie durch
das Knopfloch gleitet.
Peter betrachtet meinen Körper ausgiebig. „Sehr schön,
aber zu matt, lautet sein Kommentar, ich werde deine
Haut wohl erst mal zum Glänzen bringen müssen. Setz dich
auf das Fahrrad.“ Ich folge. Meine Füße werden in den
Schlaufen festgeschnallt. Mit den Händen habe ich den
Lenker, mit dem man nicht lenken kann, zu fassen. Dann
muss ich ‚losfahren‘. Am Anfang ist es relativ leicht,
auf die von Peter geforderte Geschwindigkeit zu kommen.
Aber nach wenigen Minuten fällt es mir schon schwer. Ich
merke, wie ich zu schwitzen beginne. Kleine
kristallklare Tröpfchen bilden sich auf meiner Haut und
perlen glänzend an ihr herab. Peter scheint das zu
gefallen. Aber er hat offensichtlich noch nicht genug,
den inzwischen hält er eine Reitgerte in der Hand.
Sobald ich die vorgegebene Geschwindigkeit nicht mehr
halten kann, treibt er mich mit der Gerte an der Stelle,
die der Sitz freilässt, an.
Er ist der Jockey und ich bin die Stute, die er in ein
imaginäres Rennen schickt. Schon bald beginne ich zu
stöhnen, nicht so sehr aus Erregung oder Schmerz,
sondern weil meine Kraft nachlässt. Und als ich trotz
seiner Hiebe die gewünschte Geschwindigkeit nicht mehr
erreiche, lässt er mich anhalten. Während ich vom
Fahrrad steige, kommt in mir die Frage hoch, wie viel
Masochismus man entwickeln muss, um Sport zu treiben.
„Auf alle Viere!“ Selten konnte ich einem Befehl so
leicht folgen. Meine erschöpften Beine sind hocherfreut
über die Mithilfe durch die Arme.
Peter nimmt meine Kette wieder und führt mich zu
Richard. „Eine geile Hündin, die du mir da geliehen
hast, Richard. Sieh sie dir an, wie sie keucht und
hechelt. Und hat sie nicht ein wunderschön glänzendes
Fell?“ Richard nickt ihm zu. Nun zieht Peter eine kleine
Gummikugel aus seiner Hosentasche und lässt sie langsam
den Gang entlangrollen. Er löst mein Halsband und
befiehlt mir, sie zu apportieren. Auf allen Vieren
verfolge ich die Kugel, um sie dann mit dem Mund
aufzunehmen. Sofort spüre ich, wie sie mir die Luft, die
ich nach der vorherigen Anstrengung doch so dringend
brauche, nimmt.
Ich beginne, durch die Nase zu schnauben. Peter erfreut
sich daran, als ich ihm die Kugel darbiete. Bevor er sie
nimmt, befestigt er silberne Klammern an meinen Brüsten,
die er mit kleinen Gewichten behängt. Ich stöhne durch
die Gummikugel hindurch. Beim zweiten Apportieren
beginnen die Gewichte zu pendeln und ziehen schmerzhaft
an meinen Brüsten. Aber meine Erregung verstärkt sich
dadurch. Das dritte Apportieren stellt mich nun vor
größere Probleme. Die Kugel ist hinter einige an der
Wand aufgestellte Skier gerollt. Als ich sie mit dem
Mund befreien will, stoße ich einige der Skier um.
Mit Getöse fallen sie zu Boden. – Jetzt ist Peter sauer.
„Komm sofort her, Du ungeschickte Töle!“ Sein Ton macht
mir Angst und ich zögere zu lange. Deshalb kommt er auf
mich zu, nimmt mir wütend die Klemmen und die Kugel ab,
packt mich fest im Nacken und drückt mich zu einem
Stufenbarren. „Ungehorsam bist du also auch noch. Na,
wollen wir doch mal sehen, ob wir dir das nicht
austreiben können, du kleines Miststück. Das wollen wir
doch mal sehen!“
Mit Turnseilen werden meine Hände an den oberen Barren
gebunden. Meine Brüste quellen darauf nun noch mehr
hervor. Peter nimmt etwas Abstand, um mich zu
betrachten. Er scheint mit meiner Stellung zufrieden zu
sein. Für einen Augenblick weiß ich nicht, wo er
hingegangen ist. Dann steht er plötzlich vor mir.
Langsam und genüsslich zeigt er mir den Schlagstock, den
er gerade geholt hat. Er ist aus festem schwarzen Holz
und ich ahne schon die Kraft, die er auf mich übertragen
wird. Ich muss ihn küssen, mehrmals, um ihn
kennenzulernen.
„Jetzt werde ich dir Gehorsam beibringen und ich
garantiere dir, dass du diese Lektion nicht so leicht
vergessen wirst. Wirst du mir Gehorsam leisten?“ „Ja,
mein Gebieter!“ „Willst du wirklich?“ „Ja, mein
Gebieter, ich will! Wirklich!“ „Dann beweis es mir. Ich
werde die Stelle, auf die ich schlage, vorher kurz
antippen. Du wirst mich dann um den jeweils folgenden
Schlag bitten. Und zwar ganz demütig! Und hinterher
bedankst du dich artig für jeden Schlag. Hast du das
verstanden?“ „Ja, mein Gebieter!“ Er geht um mich herum
und betrachtet mein Hinterteil. Dann kommt das erste
Antippen.
„Bitte, mein Gebieter, ich flehe Sie an: Bestrafen Sie
mich für meinen Ungehorsam!“ Hart und zielsicher trifft
sich der Stock mit meiner Haut an der verabredeten
Stelle. Ich schreie kurz auf, besinne mich aber sofort
wieder. „Ich danke Ihnen, mein Gebieter.“ Fünf Schläge
sind für die rechte Seite bestimmt, fünf weitere für die
linke. Beim letzten Schlag kann ich Peter nur noch unter
Tränen um den Vollzug bitten. Trotzdem wird er eisern
ausgeführt. Aber es scheint, als wären die Rinnsale des
Schmerzes und der Verinnerlichung die größte Stimulanz
für Peter.
Ich hingegen spüre, wie ich in die Nähe meiner Grenzen
gerate. Und Peter erkennt das anscheinend auch. „Ich
möchte hoffen, du hast deine Lektion gelernt. Bei
weiterem Ungehorsam werde ich sonst richtig ungemütlich.
Also, willst du mir absolut gehorsam sein?“ „Ja, ich
will, mein Gebieter! Ich will Ihnen absoluten Gehorsam
leisten!“ Mein Tränengesicht und die Intensität meiner
Worte überzeugen IHN von meiner Ernsthaftigkeit. Er
prüft mit zwei Fingern die große Feuchtigkeit in meiner
Höhle und ruft Richard, der bis jetzt nur zugeschaut
hat, herbei.
Währenddessen pulsiert das Blut wie heiße Lava in meinen
Adern. Eine große Wärme durchzieht meinen Körper. Fast
nie fühlte ich mich meinem Herzen so nah und jeder
seiner Schläge, der auf die Innenseite meiner Haut
trifft, bringt mich dem Höhepunkt näher. Eine enorme
Kraft wird mir bewusst. Durch diese Kraft kann ich
lieben und mich lieben lassen, wie ich es anders nie
könnte. Ein seltsames und doch erfüllendes Glück. Nun
steht Richard vor mir, saugt die Tränen von meinen
Wangen und gibt mir viele intensive Küsse. Unsere Zungen
treffen sich und tanzen einen langsamen, geschmeidigen
Tanz.
Auch unsere Körper haben inzwischen ihren Rhythmus
gefunden, so dass Richard langsam von vorne in mich
eindringt, während Peter genauso einfühlsam von hinten
kommt. Ich spüre, wie sie auf ihren Höhepunkt zusteuern
und gebe mich völlig hin. Es ist, als ob ich mich
zwischen ihnen auflösen würde. Ein Gefühl des Schwebens
und der Schwerelosigkeit. Und doch werde ich gehalten
und getragen. Mit lautem Stöhnen erreichen wir zusammen
einen großartigen Höhepunkt.
Seltsam wirken die Utensilien zusammen auf der hölzernen
Bank. Mein kleiner Koffer zum Schminken und Frisieren
auf Reisen (Richard hat auch an alles gedacht), ein
langes weißes Nachthemd, etwas zum Essen und Trinken,
ein Handtuch und ein Reisewecker. Es ist drei Uhr früh
und ich stehe nackt vor dem Spiegel im Waschraum eines
Kaufhauses. Meine Geilheit der letzten Stunden ist noch
nicht ganz abgeklungen und so betrachte ich nun meinen
Körper und die Male, die ihn als einzigartig
kennzeichnen.
Es ist still. Eine aufdringliche Stille, nicht zu
überhören in diesem hallenden Raum. Nur vom Ticken des
Weckers in kleine verträgliche Portionen zerteilt. Ich
stelle mir vor, im luftleeren Raum zu schweben. Alleine.
Nackt. Es gibt nur mich. Alles andere ist nicht mehr da.
– Ein faszinierendes Gefühl – und doch nicht
erstrebenswert. Der Gedanke daran reizt mich. Die
Realität kann dagegen nur verblassen. Warum kommen mir
immer so seltsame Gedanken, wenn ich meinen nackten
Körper betrachte? Eine Antwort fällt mir nicht ein. Ich
führe das auf die Uhrzeit zurück und schaue auf den
Wecker. Er wird um fünf Uhr klingeln. Nicht, um mich zu
wecken, sondern um mich zu ermahnen, dass ich aufbrechen
muss. Ein unerbittlicher Mahner ohne Rücksicht und
Gefühl ist er. Gnadenlos. Schon jetzt mahnt er an: Denk
daran, du hast keine zwei Stunden mehr.
Jede Sekunde, die ich in meiner Regungslosigkeit
verschwende, moniert er mit einem leisen vorwurfsvollen
Seufzer. Trotzdem wird er mich nicht ändern können. Ich
bin eine Verschwenderin. Ich verschwende nicht nur Zeit.
Auch mit Gedanken, Gefühlen und Ängsten gehe ich
verschwenderisch um. Ich verschwende mich selbst, meinen
Körper, meine Kraft, meine Liebe. Einfach alles, was ich
habe und mir etwas bedeutet. Ich denke kaum an morgen,
sondern lebe immer ‚jetzt‘ – und verschwende. Und doch
kehrt alles immer wieder zu mir zurück, wie ein
Bumerang. Vielleicht habe ich eine besondere Art des
Verschwendens in mir. Eine Art ‚bewusstes Verschwenden‘.
Ich weiß es nicht. Es ist eigentlich auch unwichtig.
Warum kommen mir zu so seltsamen Uhrzeiten immer nur so
seltsame Gedanken? Sicher wird Richard es mir einmal
erklären können.
Er versteht nämlich mehr von Psychologie als ich, obwohl
ich mich sehr dafür interessiere. Aber Richard und ich
haben noch so viel Zeit (fast hätte ich wieder
‚verschwenderisch viel Zeit‘ gesagt) vor uns, dass wir
noch über vieles reden werden. Apropos Zeit, jetzt
bemerke ich die dahinschwindende Zeit wirklich.
Anderthalb Stunden noch bis zum Aufbruch. Um halb sechs
würden die Putzfrauen hier auftauchen, dann müssten wir
verschwunden sein, hat Peter gesagt.
Ich solle mich frisch machen, etwas essen und ausruhen,
mich danach neu schminken. Dann will er mich um fünf Uhr
hier abholen. Ich solle nur das weiße Nachthemd (dessen
Stoff sehr fein und dünn ist) anziehen. Mehr bräuchte
ich nicht. Punkt fünf ist Peter da. Mit einer kleinen
Geste bedeutet er mir, dass ich ihm zu folgen habe. Wir
gehen durch das Treppenhaus, durch welches wir wohl auch
gekommen sind. Im Erdgeschoss geht unsere Reise durch
den großen Verkaufsraum weiter.
Wegen des weißen Nachthemds komm ich mir wie das
gezähmte Hausgespenst vor, denn es brennt nur eine
schummrige Nachtbeleuchtung, die jedoch ausreicht, den
weißen Stoff zum Glänzen zu bringen. Jetzt ist unser
Ziel erreicht. Peter öffnet eine kleine, dünne Tür, die
mit dunklem Stoff überspannt ist. Er geht zuerst hinein
und lässt mich einen Moment später folgen. Und wieder
bin ich an einem Ort, den ich nicht erwartet hatte. Ich
schaue etwas verwirrt in die noch dunkle und leere
Fußgängerzone. Es ist das erste Mal, dass ich auf der
anderen Seite eines Schaufensters stehe.
Der Ausblick mutet mir wohl deshalb skurril und neu an.
Jetzt soll ich mich mit dem Rücken gegen die Hinterwand
des Schaufensters lehnen, damit ich einen festen Halt
bekomme und ruhig stehen kann. Draußen kann ich nun auch
Richard erkennen, der Peter andeutet, wie ich zu stehen
habe, um möglichst realistisch als Schaufensterpuppe und
zugleich aufregend auszusehen. Da um diese Uhrzeit die
Innenbeleuchtung ausgeschaltet ist, fällt nur das matte
Licht der Straßenbeleuchtung auf meinen Körper. Bevor
Peter geht, erklärt er mir noch, ich solle möglichst
ruhig stehen, damit niemand Verdacht schöpft.
Wenn ich eigenmächtig aus dem Schaufenster verschwinden
würde, hätten die Putzfrauen bestimmt ihren Spaß an
meiner leichten Bekleidung, warnt er mich. Außerdem
hätte ich ihm ja Gehorsam versprochen. Dann verschwindet
er. Auch Richard ist schon gegangen, jedoch nicht ohne
mir vorher mit einer Hand charmant einen Kuss
zuzuwerfen.
Nun stehe ich also hier und darf mich nicht rühren.
Jedermann könnte mich begaffen. Erst langsam wird mir
klar, was das für mich bedeutet. Ich denke an die Abende
zurück, an denen Richard mich als Sklavin, Hure oder
Tier vorführte. Aber das war in kleinem Kreis, unter
Gleichgesinnten. Hier weiß ich nicht, wer mich ansieht.
Ich hoffe, nicht zu lange so stehen zu müssen. Und wenn
sie mich doch erst heute Abend hier abholen?
Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken, denn so
lange werde ich nicht durchhalten können. Inzwischen
erkenne ich auch die ersten Passanten auf der Straße.
Zum Glück schaut um diese Zeit kaum jemand in die
Schaufenster, höchstens einen kurzen Blick im
Vorübergehen erlaubt man sich. Die Menschen, die sich
jetzt da draußen bewegen, haben keine Zeit zum
Schaufensterbummel. Sie müssen zur Arbeit. Später wird
sich das wohl ändern. – Jetzt schaut wirklich jemand!
Für mein Gesicht scheint er nicht so viel übrig zu
haben. Er schaut auf das Nachthemd und den sich darunter
abzeichnenden Körper. Was ist das für ein Mensch? Warum
schaut er um diese Uhrzeit mit hochgeschlagenem Kragen
in eine Schaufenster mit Damennachthemden? Viele
Gedanken kommen mir dazu, obwohl er schon längst wieder
gegangen ist. Diese Gedanken und das Beobachten der
wenigen Menschen auf der Straße vertreiben mir die Zeit,
die stehen geblieben scheint. Jedenfalls kommt mir das
so vor. Eine weitere Abwechslung sind die Müllwerker,
die den Dreck von den Straßen kehren und die Papierkörbe
leeren. Zufällig schaut einer in mein Fenster, erblickt
mich und sieht mich eine ganze Weile intensiv an.
Ich spüre den prüfenden ‚ Blick auf meinem Körper und
bin wieder ganz starr. ‚Geh doch weiter‘, will ich
schreien, weil mir sein Blick unangenehm wird. Eine
große Anspannung entsteht zwischen uns. Sein Blick lässt
nicht von mir ab, und ich wäre jetzt gerne unsichtbar.
Ich denke daran, wegzulaufen, aber ich habe Peter
Gehorsam versprochen. Kurz bevor ich meine immer größer
werdende Anspannung nicht mehr aushalten kann, wird mein
Betrachter von einem Kollegen angesprochen.
Nach einem kurzen Wortwechsel schaut auch sein Kollege
mich eindringlich an. Mir wird ganz heiß. Aber dann
wendet sich der Kollege wieder ab, zeigt meinem
Betrachter einen Vogel und geht kopfschüttelnd wieder
seiner Arbeit nach. Der wirft mir daraufhin nur noch
einen letzten prüfenden Blick zu und arbeitet auch
weiter. Und ich beruhige mich erst mal wieder. Es sind
immer noch kaum Leute unterwegs. Die meisten haben
keinen Blick für das Schaufenster übrig.
Trotzdem will ich so schnell wie möglich hier raus. Wenn
ich doch nur wüsste, wann dieser Spuk ein Ende hat.
Als ich dann endlich von Peter abgeholt werde, glaube
ich, die Ewigkeit schon hinter mir zu haben. Dabei ist
es gerade acht Uhr durch, wie er mir verrät. Er führt
mich in die Möbelabteilung. Richard ist auch dort und
beobachtet uns wieder. Ich muss das Nachthemd ausziehen
und mich nackt neben ein Einzelbett stellen. Peter
klappt es auf, so dass man in das Innere des Bettkastens
schauen kann.
„Hier drinnen wirst du den heutigen Tag verbringen. Ich
werde dich aber vorher noch etwas fesseln. Für dich
bleibt nur zu hoffen, dass dieses Bett heute nicht
verkauft wird. Der Käufer hätte sonst ein sehr gutes
Geschäft gemacht.“ Beim Anblick des kastenförmigen
Bettes muss ich unwillkürlich an einen Sarg denken,
obwohl der Innenraum wohl größer ist. Die grässliche
beige Farbe hingegen macht mir Hoffnung, dass das Bett
nicht verkauft wird. Inzwischen beginnt Peter schon
damit, mich zu fesseln. Er benutzt ein langes Seil und
arbeitet sich von unten nach oben.
Zuerst die Fußgelenke und Beine, dann die Arme, die
seitlich am Körper anliegen. Mit weiteren Gürteln und
Lederriemen verschnürt er mich zusätzlich, z. B. an den
Brüsten. „Kannst du das einen Tag so aushalten?“ Da die
Fesselung nicht all zu fest ist, nicke ich mehrmals
kräftig und er hebt mich an und legt mich auf den Rücken
in den Bettkasten. Das Bett klappt er daraufhin zu und
Dunkelheit legt sich über meinen nackten Körper. Ein
kurzes Knacken und Schritte, die sich entfernen,
vernehme ich noch. Dann ist Ruhe. Ich komme mir vor, wie
eine gut verpackt Mumie in ihrem Sarkophag.
Die Zeit vergeht hier nicht viel schneller als im
Schaufenster. Nach einiger Zeit höre ich Leute. Es
werden immer mehr, je weiter der Morgen fortschreitet.
Manchmal unterhält sich jemand dicht vor meinem Bett.
Ich erschrecke dann immer, und hoffe, dass niemand das
Bett kauft. Oft dauert es auch nicht lange, bis die
Stimmen sich wieder entfernen. In ruhigen Momenten
stelle ich mir die Frage, wie jemand wohl reagiert, wenn
er ein Bett kaufen will, und darin eine gefesselte
schöne Frau vorfindet.
Aber bevor ich zu einer für alle Ewigkeit endgültigen
Antwort kommen kann, wird meine Aufmerksamkeit von zwei
Stimmen beansprucht, die direkt vor meinem Bett zu sein
scheinen. Es sind zwei Männerstimmen. Jetzt verstehe ich
sie sogar. Die eine gehört einem Verkäufer, die andere
einem Kunden, der sich wirklich für mein Bett
interessiert. ‚Welche Geschmacksverirrung‘ besinne ich
mich auf die Farbe dieses Möbelstücks: ‚Das kommt davon,
wenn man Männer alleine einkaufen lässt.‘
Aber dann wird es mir doch mulmig, denn was passiert mit
mir, wenn er das Bett wirklich kauft? Mein Blutdruck
steigt wieder kräftig an. Aber das ist nichts gegen das
Gefühl, welches in mir hochsteigt, als der Kunde darum
bittet, das Bett einmal öffnen zu dürfen. ‚Das darf doch
nicht wahr sein‘, denke ich. Die müssen das Bett mit
meinem Konterfei angepriesen haben, damit sich überhaupt
jemand dafür interessiert. Und jetzt will der Typ
tatsächlich hineinschauen. –
Der Verkäufer erlaubt es ihm. Ich kann vor Angst nur
noch die Augen schließen. Der folgende Augenblick ist
mir einfach zu peinlich. Ein Ruck geht durch das Bett.
Jetzt können mich alle Leute sehen. Ich bin nicht mehr
Herrin meiner Gefühle. Alles pulsiert in mir. Ich schäme
mich zum ersten Mal für meine Nacktheit. Was soll ich
diesen ganz wildfremden Menschen nur für eine Erklärung
geben? – Das Bett ruckt ein zweites und drittes Mal, und
da immer noch keine erstaunten Ausrufe der Umstehenden
zu hören sind, öffne ich die Augen wieder. Alles ist
noch dunkel! „Es scheint zu klemmen. Jedenfalls bekomme
ich es nicht auf.“
„Lassen Sie mich mal.“ Der Verkäufer versucht jetzt, das
Bett zu öffnen. Aber auch er bleibt erfolglos. Ich atme
tief durch. Mir ist noch immer ganz mulmig und ich
schwitze wie selten. Wenigstens scheint sich der Kunde
nun für ein anderes Bett zu interessieren. – Für diese
Folter könnte ich Peter erwürgen. Mindestens! Was wäre,
wenn mein Herz stehen geblieben wäre? Jedenfalls hatte
ich dieses Gefühl. Trotzdem weiß ich natürlich zu
schätzen, dass er das Bett anscheinend verschlossen hat
und dafür sorgt, dass mir nichts passiert.
Mein Zorn baut sich auch sehr viel schneller wieder ab
als meine Erregung. Ich genieße diese Gefühle noch ein
wenig mit der Sicherheit, dass mir hier nichts passieren
kann. Dann nicke ich ein. Durch einen Ruck, der durch
das Bett geht, wache ich wieder auf. Es scheint sich zu
bewegen. Draußen höre ich Stimmen, die vom Verladen
sprechen. Ein Schreck fährt mir in die Glieder. Wieso
wird das Bett denn abtransportiert? Und wohin? – Ich
ahne es.
Sicher hat der Verkäufer veranlasst, das kaputte Bett
reparieren zu lassen. Oder sollte er es tatsächlich
verkauft haben? Dumme, denen man alles andrehen kann,
gibt es ja immer. Dann wäre ich jetzt verloren, wenn
Peter das nicht mitbekommt. Diesmal ist es nicht nur
Angst, die von mir Besitz ergreift, auch Panik ist
dabei. Aber was soll oder kann ich an meiner Lage
überhaupt ändern. Gut verpackt, wie ein wertvolles
Paket, gehe ich nun auf Reisen.
Ich darf gar nicht darüber nachdenken. Irgendwo werde
ich schon landen. Irgendwo… Meine Reise ist schneller
beendet, als ich gedacht hätte. Mit einem Knacken wird
das Bett geöffnet. Ich bebe vor Spannung. Wer wird mich
befreien? – Das Bett öffnet sich und Neonlicht fällt
herein. Als ich Peter erkenne, traue ich meinen Augen
kaum. Hat er das Bett gekauft, um mir einen Schrecken
einzujagen? Das ist ihm ja auch gründlich gelungen.
Während er mich nun von meinen Fesseln befreit, sehe ich
mich im Raum genauer um. Neben meinem Bett stehen noch
ein Schrank, ein Holztisch und zwei Stühle im Raum.
Genauso schlicht wie die Einrichtung ist auch die Farbe
der Wände. Sie sind eintönig weiß und schon länger nicht
übergestrichen worden.
Ein kleines Fenster hoch oben, ein paar Garderobenhaken
und Neonlampen vervollständigen das ungemütliche Bild
homogen. „Ich freue mich, dass du bis jetzt so brav
mitgespielt hast. Hoffentlich konntest du dich gerade
eben etwas ausruhen. Denn ich möchte mit dir noch etwas
machen, was deine ganze Kraft fordert. Bist du bereit
dazu?“
„Ja, mein Gebieter.“ „Dann knie nieder! – So ist’s gut.
Ich frage dich nochmal: Willst du mir absoluten Gehorsam
leisten und meinst du, dass du die Kraft dazu hast?“
„Ja, mein Gebieter.“ „Gut. Dann wirst du jetzt genau das
tun, was ich von dir verlange. Solltest du dennoch von
meinem Auftrag abweichen, stehst du nicht mehr unter
meinem Schutz, und auch Richard wird dir dann nur
herzlich wenig helfen können. Also kann ich dir nur
eindringlich raten, alles so auszuführen, wie ich es dir
sage. – Nun zur Sache: Wir befinden uns, auch wenn du es
nicht glaubst, immer noch im Kaufhaus.
Du wirst dir gleich dein Kleid und die Schuhe von
gestern Abend wieder anziehen und in die Verkaufsräume
gehen. Wenn du in der Abteilung für Damenmäntel
angekommen bist, gehst du zu den Pelzmänteln. Dort wirst
du einen Pelzmantel finden, der ein Etikett mit deinem
Vornamen enthält. Mit diesem Mantel gehst du in eine der
Ankleidekabinen. Du ziehst dein Kleid aus und den Mantel
an. Das Kleid lässt du dort liegen. Im Etikett wird noch
eine Adresse stehen, unter ‚reserviert für:‘. Du
verlässt das Kaufhaus und gehst, natürlich nackt unter
dem Mantel, zu der auf dem Etikett angegebenen Adresse.
Es wird nicht so weit von hier sein. Hast du das
verstanden, oder gibt es noch Fragen?“ „Womit bezahle
ich den Pelz?“
„Du stiehlst ihn!“ „Und was geschieht, wenn ich bei dem
Diebstahl erwischt werde?“ „Das will ich für dich nicht
hoffen. Du wirst dann ganz von mir abhängen, denn ich
bin der Geschäftsführer dieses Kaufhauses. Es wird an
mir liegen, ob unser Haus dich dann anzeigt oder nicht.
Jedenfalls müsstest du mir sehr viel Ergebenheit und
Demut beweisen, um mich gnädig zu stimmen. – Sonst noch
etwas?“ „Nein, mein Gebieter!“ „Dann zieh deine Sachen
an und verschwinde.“
Er wirft mir das Kleid und die Pumps vor die Füße und
geht. Der Pelz steht mir nicht nur gut, er fühlt sich
auch sehr schön geschmeidig an. Durch meine Nacktheit
wird er zu meiner eigentlichen Haut. Trotzdem ahne ich
Schlimmes, als ich die Ankleidekabine verlasse. Ich
versuche meine Unsicherheit natürlich mit Eleganz zu
überspielen. Das habe ich doch schon öfter gemacht.
Hauptsache, ich bin bald draußen. Als ich in die Nähe
des Ausgangs komme und mich schon sicherer fühle, packt
von hinten eine Hand meinen Arm. Ein mittelgroßer,
älterer Herr hält mir seinen Ausweis hin.
„Kommen Sie bitte mit, ohne Aufsehen zu erregen.
Andernfalls müsste ich Gewalt anwenden.“ Also hat es
mich doch erwischt. Ich erinnere mich der Worte Peters
und ergebe mich in mein Schicksal. Hätte ich mich
geschickter angestellt, würde ich jetzt nicht büßen
müssen. Wir gehen in das gleiche Zimmer, in dem Peter
mich aus dem Bett befreit hat. Der Hausdetektiv bleibt
an der Tür stehen, während er mich in die Raummitte
schickt.
„Zieh den Pelz aus.“ „Nein!“ sage ich trotzig und denke
dabei an meine Nacktheit unter dem Pelz. Vor diesem Mann
ziehe ich mich nicht aus. „Du hast ihn geklaut. Also
zieh ihn aus und gib ihn wieder her.“ „Ich habe ihn
bezahlt. Ich habe nur die Quittung verloren.“ „Das
erzähl mal deiner Großmutter. Wenn du ihn nicht
freiwillig ausziehst, werde ich dir helfen.“ „Ich habe
ihn bezahlt! Fragen Sie den Geschäftsführer und lassen
Sie mich in Ruhe!“ fauche ich ihn an. „Na schön, dann
geht es eben nicht anders.“ Er kommt auf mich zu. Ich
weiche zurück, bis es nicht mehr geht.
Als er mich am Kragen packt, schlage ich mit meiner
rechten Faust in seine Magengegend und trete kräftig
gegen sein Schienbein. Laut schreit er auf und krümmt
sich. Ich laufe zur Tür, um schnell zu verschwinden,
solange er mit seinen Schmerzen beschäftigt ist.
Abgeschlossen! Wann ist denn das passiert??? Ich rüttle
wild am Türgriff. Die Tür bewegt sich keinen Millimeter.
Trotzdem ziehe ich wie besessen an dem Griff. Die Tür
ist der einzige Weg nach draußen. Und ich will doch nur
hier raus! Nur weg von hier! Plötzlich werde ich von
hinten gegriffen und zu Boden gerissen.
Ich versuche zu kämpfen, aber ein Schwall von Schlägen
und Tritten prasselt auf mich nieder und ich werde
ohnmächtig. Als ich wieder zu Bewusstsein komme, merke
ich, dass ich mich nicht bewegen kann. Ich liege nackt
mit dem Rücken auf dem Tisch und bin mit den Hand- und
Fußgelenken an die Tischbeine gebunden. Es ärgert mich,
dass Peter die Seile hier liegen ließ und sie so dem
Detektiv in die Hände fallen konnten. Nun sehe ich
diesen ekligen Mann neben mir stehen. Und zwar ebenfalls
nackt. So, du freches Biest. Wie ich sehe, hast du dich
genug ausgetobt.
Jetzt werde ich dir mal zeigen, was du wert bist.
Nämlich nichts! Absolut nichts! Jede billige Nutte ist
mehr wert als du. Du bist nur Dreck. Sei froh, dass
ich’s mit dir überhaupt treibe. Und sag selber, dass du
Dreck bist. Los, sag’s!“ „Mach mich los und lass mich in
Ruhe.“ „Schnauze!“ Er schlägt mir ins Gesicht und ich
hasse meine Zunge. Sie wird mich noch einmal umbringen.
„Deine Frechheiten werde ich dir schon noch austreiben,
du billige Hure. Wenn du dein Maul nicht hältst, wird es
nur noch schlimmer für dich. Das verspreche ich dir.
Also, Maul halten und nur was sagen, wenn ich’s von dir
hören will. Verstanden?!“
Ich nicke. Ich weiß nicht warum, aber ich nicke. Eine
leise Enttäuschung darüber, dass dieser widerliche Kerl
meinen Widerstand brechen konnte, erfasst mich. Aber das
ist nichts gegen die Demütigungen, die dieser Mensch mir
in der nächsten Stunde zufügt. Er nimmt auch keine
Rücksicht darauf, dass mir sowieso schon alle Knochen
wehtun.
Er rächt sich genüsslich an mir. Auf seinen Höhepunkt
wichst er mir zum Schluss noch ins Gesicht, begleitet
von seinen obszönen Ausdrücken, mit denen er mich
überschüttet. Dann bindet er mich endlich los. Ich bin
völlig erschöpft, ekle mich jetzt mehr vor mir als vor
ihm und bin zu nichts mehr in der Lage. Irgendwann kommt
Peter herein. „Ich habe gehört, Sie haben einen
Ladendieb erwischt.“ „Ja. Wollte einen Pelzmantel
klauen. Das kleine Luder da. War ziemlich widerspenstig.
Aber jetzt tut sie keinem mehr was.“ „Sehr schön. Dann
übernehme ich das jetzt. Hier ist ihre Prämie.“ Er
drückt dem Detektiv ein paar Scheine in die Hand. Der
verabschiedet sich mit einem Nicken von Peter und grinst
mich verachtungsvoll an, als er das Zimmer verlässt. „Du
gibst ihm auch noch Geld dafür? Weißt du, was er mit mir
gemacht hat?“
„Aber sicher. Wir haben hier zwei versteckte Kameras
untergebracht. Die haben alles aufgenommen. Richard wird
es dir vielleicht mal zeigen, wenn dich wieder anständig
benimmst. Allerdings muss ich zugeben, dass gerade deine
Widerspenstigkeit dem Film eine außerordentliche Würze
geben wird.“ „Und dein Detektiv? Weiß der davon?“
„Natürlich. Er ist gar nicht Hausdetektiv. Ich habe ihn
nur für den Film engagiert. Und durch deine Schläge ist
er wohl zu besonderer Form aufgelaufen. Ich gratuliere
dir. So einen guten Film findet man selten.“ „Du
Schwein!“ Wütend gehe ich auf Peter zu, um ihm
wenigstens eine Ohrfeige zu verpassen. Aber er packt
meine kraftlosen Arme und hält sie mit einer Hand
zusammen.
Selbst eine kleine Genugtuung bleibt mir also verwehrt.
Wie ich sehe, hast du noch immer nicht genug. Außerdem
scheinst du meine Worte vergessen zu haben. Da du mir
wohl keine Demut zeigen kannst, werde ich dich ungern
unserem Wachdienst übergeben. Die bringen dich dann zur
Polizei. Selbst schuld. Aber wenn du nicht mal bereit
bist, dir Mühe zu geben.“ Lieber gehe ich zur Polizei,
als noch einen Finger für dich krumm zu machen!“ Mein
Stolz verbietet es mir, jetzt vor ihm niederzufallen.
Dazu habe ich gerade eben schon zuviel durchgemacht.
„Wie du willst. Dann zieh den Pelz wieder an. Kannst ja
nicht splitternackt durch das Kaufhaus laufen. Diesmal
gehorche ich, während er eine Tür öffnet und ein Mann
und eine Frau eintreten. Beide tragen eine dunkle
Uniform, ähnlich den ’schwarzen Sheriffs‘. Bringen Sie
diese Ladendiebin bitte zur Polizei und zeigen Sie sie
an. Alles Nötige steht auf diesem Zettel. An Ihrer
Stelle würde ich ihr Handschellen anlegen. Sie ist sehr
zickig.“ Der Mann nimmt von Peter den Zettel entgegen,
während die Frau die Handschellen um meine Handgelenke
legt. „Mit der werden wir schon fertig“, sagt sie und
beide führen mich ab. Der Weg durch das Kaufhaus und
wird zu einem wahren Spießrutenlauf. Die vielen Leute
glotzen uns neugierig an.
Wahrscheinlich werden sie sich fragen, warum eine mit
einem Pelzmantel bekleidete Frau in Handschellen
abgeführt wird. Mein Make-up ist verschmiert und ich bin
nicht mehr in der Lage, mich diesem noblen Outfit
anzupassen. Alles passt für diese Menschen irgendwie
nicht zusammen. Und vielleicht ahnt sogar jemand die
Blöße unter meinem Mantel. Ich will mich darüber
beschweren, dass wir durch die Verkaufsräume gehen und
nicht durch das ruhigere Treppenhaus, aber es wäre doch
nur sinnlos. Meine beiden Begleiter führen mich dem
voyeuristischen Publikum regelrecht vor.
Die Menschen weichen vor uns aus. Sie machen Platz,
drehen sich aber sofort wieder zu uns, um auch nichts zu
verpassen. Es wird gestoßen und gedrängelt, nur um mich
aus der Nähe begaffen zu können. Ein Kind fasst aus
Neugier meinen Pelz an, wird aber sofort von seiner
Mutter weggerissen. „Lass das! Mit solchen Leuten haben
wir nichts zu tun. Pfui“ Daraufhin finden auch andere
Leute den Mut, laute Beschimpfungen über mich
auszustoßen. Zum Glück sind wir aber schon im
Erdgeschoss. Am Hinterausgang wartet ein Auto auf uns.
Hier ist es wenigstens ruhiger.
Aber auch die wenigen Leute stieren neugierig zu uns
herüber. Die Frau drückt mich auf den Rücksitz und setzt
sich neben mich. Sie bereitet eine Spritze vor und
verabreicht sie mir. Dann setzt sie sich auf den
Beifahrersitz und wir fahren los. Mir wird schwarz vor
Augen… Ich erwache nackt in einer karg eingerichteten,
fensterlosen Zelle. Sie enthält nur eine Holzpritsche,
einen Nachttopf und ein Waschbecken mit Handtuch. Weder
Zeit noch Ort ist mir bewusst. Mit wiedererstatten
Kräften klopfe ich gegen die Metalltür. Die Tür geht auf
und mein Begleiter, der ’schwarze Sheriff‘, tritt mit
einem Schminkkoffer ein.
„Bitte keine Fragen. Ich habe nur Anweisung, Ihnen
dieses Köfferchen auszuhändigen, damit Sie sich so
zurecht machen können, wie Sie es immer für Ihren Mann
tun.“ In dem Koffer finde ich eine Karte von Richard
vor. Es ist eine beschriebene Spielkarte. ‚Wie originell
von ihm‘, denke ich spontan und lese seine Worte auf der
Rückseite: ‚Du hast mich sehr beschämt. Wenn ich Dich
abhole, wirst Du Dich wieder anständig benehmen.
Richard‘ Ich freue mich schon auf ihn und gebe mir
äußerste Mühe bei meinem Make-up. Sicher wird er mich
hier bestrafen, bevor er mich mitnimmt. Und dazu will
ich für ihn gut aussehen. Dann betrachte ich noch
mehrmals seine Karte. Nach ungefähr zwei Stunden öffnet
sich die Tür. Eine dunkle Gestalt in tiefschwarzer
Uniform steht im Türrahmen, die Mütze tief ins Gesicht
gezogen. Jetzt nimmt die Gestalt die Mütze ab. – Es ist
Peter!
„Guten Tag, Madame. Ich hoffe, Ihnen gefällt Ihr
zugegebenermaßen kärgliches Quartier. Ihr Gemahl hat mir
nämlich erlaubt, Sie so lange hier festzuhalten und zu
erziehen, bis ich mit Ihren Manieren zufrieden bin. Und
bei allem Respekt, Eure Widerspenstigkeit, denke ich
doch, dass auch für Sie ein paar Wochen ausreichen
werden.“
Vor Entsetzen gleitet mir die Spielkarte aus der Hand.
Sie fällt zu Boden und der Pik Bube grinst mich
unverschämt an.
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