Date mit Überraschung
Er war sehr aufgeregt.
Das erste Date.
Seit über zwei Monaten telefonierten sie miteinander,
doch getroffen hatten sie sich bisher noch nicht.
Er war sichtlich nervös. Trommelte während des Fahrens
auf dem Lenkrad herum. Das Radio war unnötig lauter als
sonst. Er pfiff und sang mit.
Er war verdammt nervös!
Er wusste, sie war schon da.
Vor ungefähr einer halben Stunde hatte sie ihn
angerufen, um ihm die Nummer des Hotelzimmers
mitzuteilen, indem er sie finden würde.
Sie wohnten zu weit auseinander, als dass einer den
anderen mal eben so, hätte besuchen können.
Schlussendlich hatten sie sich für ein kleines Städtchen
in der Mitte entschieden. Jeder hatte dieselbe Strecke
zu bewältigen. Sie mit dem Zug, er mit dem Auto.
Noch nie hatte er sie „wirklich“ gesehen, auf einem
Photo zwar - ja, aber was sagte das schon aus? Und doch
war er irgendwie ein bisschen wie verliebt.
Er kam sich albern vor. Wie ein Schuljunge. Doch ändern
konnte er an diesem Gefühl nichts.
Wenn er ihre Stimme hörte, schlug sein Herz bis zum Hals
und er bekam das sprichwörtliche Kribbeln in den Bauch.
Er dachte daran, wie er sie kennengelernt hatte.
Es war über eine dieser vielen Telefonnummern für
Singles. Keine Sexhotline, nein.
Eigentlich eher wie eine Kontaktanzeige, nur eben via
Telefon. Am Ende der Anzeige war ein Anrufbeantworter
geschaltet. Man hinterließ einen netten Spruch, eine
Beschreibung seiner Person und natürlich die
Telefonnummer.
Noch nie vorher hatte er so etwas getan. Ein Zufall?!
Ihre Anzeige war die erste, die er hörte. Er erinnerte
sich mit keinem Wort an ihren Text. Nur ihre Stimme. Die
hatte ihn sofort fasziniert, in den Bann gezogen.
Er antwortete ihr. Hinterließ seine Rufnummer.
Sie meldete sich erst nach einer Woche. Er hatte gar
nicht mehr damit gerechnet, wenn auch darauf gehofft.
Von da an telefonierten sie täglich. Manchmal zwei-,
dreimal am Tag.
Verträumt lächelte er vor sich hin.
Der Parkplatz des Hotels war nicht übermäßig belegt.
Er fand eine Lücke in der Nähe des Eingangs und stellte
den Motor ab.
Sie hatten beide Urlaub in dieser Woche und sich
entschieden, endlich Nägel mit Köpfen zu machen und sich
zu sehen.
Nun saß er hier in seinem Auto, in einer ihm fremden
Stadt, völlig aus seiner sonst so gradlinigen Lebensbahn
geworfen.
Alles war durcheinander in ihm. Und während er so
sinnierte, stieg er aus, griff sich seine kleine
Reisetasche, schloß das Auto ab und marschierte
schnurstracks aufs Hotel zu.
Kein Zögern mehr.
Endlich wollte er sie sehen. Und auch spüren. Sie fühlen
und schmecken.
In ihren vielen Telefonaten hatten sie sich nicht immer
nur übers Wetter oder irgendwelche
Charaktereigenschaften unterhalten.
Manchmal waren sie richtig „zur Sache“ gegangen. Nie
vulgär oder niveaulos.
Irgendwie subtil erotisch. Das waren Momente in denen
nur ihre Stimme ihn schon verrückt machte.
Er wollte sie sehen. Jetzt. Sofort.
Er betrat die Hotelhalle.
Zielsicher steuerte er die Treppen an und eilte, in die
dritte Etage hinauf.
Zwei Minuten später stand er vor der Tür. Zimmernummer
34.
„Ihr Alter“, ging es ihm kurz durch den Kopf und klopfte
auch schon an.
Er vernahm ihre Stimme: „Einen Moment, bitte“.
Seine Anspannung wuchs. Er hörte ihre Schritte hinter
der Tür. Seine Hände wurden feucht.
Einen kleinen Schritt trat er zurück. Die Türklinke
drückte sich nach unten.
Die Tür öffnete sich einen Spalt weit und er sah ......
nichts. Nur einen Schatten.
Das Zimmer dahinter lag im völligen Dunkel. Durch den
Türspalt drang ein kleines Lichtdreieck, das allerdings
nichts wirklich erhellte.
Er war erstaunt.
Sie stand halb hinter der geöffneten Tür, hielt noch die
Klinke in der Hand und bedeutet ihm einzutreten.
Täuschte er sich oder war sie nur mit einem Bademantel
bekleidet?
Sie machte die Tür etwas weiter auf - der Bademantel war
keine Täuschung. Er erhaschte einen kurzen Blick auf ihr
Gesicht im Halbschatten. Sie war hübsch. Kurze Haare,
dunkle Augen. Groß und rund. Dann war es vorbei. Er
stand im Zimmer, sie hinter ihm und die Tür schloss
sich.
Gnadenlos umschlang ihn die Dunkelheit. Wie eine Fessel
legte sie sich um ihn.
Er brauchte einen Moment, dass sich seine Augen gewöhnen
konnten. Er stand einfach nur da.
Von hinten spürte er, wie sie ihn am Arm streifte und
ihm die Tasche abnahm.
„Hallo“, sagte sie. Ein Hauchen neben seinem Ohr.
„Ich hoffe, die Fahrt war nicht zu anstrengend?“.
„Nein“, stammelte er. Immer noch völlig verwirrt ob der
Situation.
Sie bemerkte seine Anspannung, nahm in an der Hand und
führte ihn, sicher als sei sie hier zuhause, durch das
Zimmer. Mit seinem Fuß berührte er leicht irgendetwas
weiches. Er erschrak und zog sofort seinen Fuß zurück.
„Wahrscheinlich nur so ein Flauschteppich“, dachte er
und schalt sich selber, nicht so verdammt nervös zu
sein.
Was hatte sie vor?
Ihre Hand war warm. Sie blieben stehen. Er hatte den
Eindruck mitten im Zimmer. Sie drehte sich zu ihm um.
„Endlich bist Du da“. Sie nahm sein Gesicht in ihre
beiden Hände.
„Endlich sehen wir uns“.
„Nun ja“, schoss es ihm durch den Kopf. „Von sehen kann
ja nicht gerade die Rede sein“. Aber er sprach seinen
Gedanken nicht laut aus, sondern genoss ihre Hände auf
seinem Gesicht.
Mit ihren Fingern fuhr sie ihm über die Augen, zeichnete
seine Nase nach und umkreiste seinen Mund. Ihre
Berührung war fast wie eine Liebkosung.
Plötzlich und unvermittelt küsste sie ihn. Ihre Lippen
lagen auf den seinen. Weich und warm. Sie öffnete ihren
Mund. Er verlor seine Anspannung, legte die Arme um sie,
öffnete seine Lippen und ihre Zungen fanden zueinander.
Zuerst noch zögerlich wurde ihrer beider Kuss
fordernder, wilder. Er drückte sie an sich, sie strich
ihm über den Rücken.
Sie lösten sich voneinander. Sie trat einen Schritt
zurück. Er wollte ihr nach, doch mit einem leichten
Schubs bedeutete sie ihm stehenzubleiben. Sie war
vielleicht eine halbe Armeslänge entfernt von ihm. Etwas
raschelte. Er konnte das Geräusch nicht einordnen.
Mittlerweile hatten sich seine Augen einigermaßen an das
Dunkel gewöhnt. Schemenhaft sah er sie vor sich stehen.
Nun konnte er sehen, was das Rascheln bedeutet hatte.
Sie hatte den Bademantel geöffnet. Er sah, wie sie ihn
von sich streifte. Wie ein Vorhang fiel er hinter ihr
auf den Boden.
„Fühl‘ mich“, flüsterte sie ihm zu, nahm seine Hand und
legte sie sich auf ihre Wange.
„Fühl‘ und erkunde mich.“.
Er tat wie ihm geheißen. Er konnte es nicht fassen.
Hatte er sich das Zusammentreffen doch ganz anders
vorgestellt. Er fühlte sich überfahren und dennoch
genoss er es und begann mit der Erkundung ihres Körpers.
Es war ihm, als hätte er alle seine Sinne mobilisiert.
Er musste schließlich wettmachen, dass er nichts sehen
konnte.
Seine Finger strichen über Ihre Wange, den Hals hinunter
über die Schulter seitlich den Arm hinab. Er ergriff
ihre Hand. Sie führte ihn zu ihrer Brust. Er verharrte
für einen Moment. Ihre Brust schmiegte sich in seine
Hand. Sie fing an sein Hemd aufzuknöpfen. Seine Hand
glitt hinab zu ihrem Bauch, umspielte den Bauchnabel.
Sie wollte ihm das Hemd ausziehen. Er ließ sie gewähren,
auch wenn das bedeutete, dass er von ihr ablassen
musste. Sie zog ihn aus. Ganz. Alle Scheu war auf einmal
wie weggewischt. Er wollte nur noch sie. Sie fühlen,
schmecken.
Wieder nahm sie ihn bei der Hand. Sie führte ihn zum
Bett. Deutete ihm sich zu setzen. Nun stand sie vor ihm.
In ihrer ganzen Pracht. Noch immer konnte er nur
schemenhaft sehen. Er streckte beide Hände vor und
umfasste ihre Hüften. Er zog sie zu sich heran. Während
er seinen Kopf in Ihrer Scham vergrub, wanderten seine
Hände über ihren Po. Sie strich ihm übers Haar. Er nahm
ihren Duft wahr. Sie roch so gut. Er wollte sie
schmecken. Er zog sie zu sich aufs Bett. „Leg‘ dich
neben mich“, hauchte er ihr ins Ohr.
So lagen sie nun auf dem Bett und er fing an sie zu
entdecken, wie er noch nie eine Frau entdeckt hatte.
Alle seine Sinne waren eingeschaltet. Seine Nerven
gespannt. Er strich über ihren ganzen Körper. Schmeckte
sie überall und sog ihren Duft in sich auf., wie ein
vertrockneter Schwamm das Wasser. Ihre Haut war glatt,
weich und warm. Sie roch unbeschreiblich. Süß und
verlockend. Es machte ihn verrückt.
Sie wurde fordernder. Auch sie erkundetet seinen Körper.
Er dachte, dass ihre Hände überall sein mussten. Er fing
an zu schwitzen. Sein Verlangen wurde immer größer. Ihre
Lippen - gerade noch küssten sie die seinen, während sie
ihn nun schon wieder verwöhnten, wanderten seinen Körper
auf und ab. Er wurde wahnsinnig. Er wollte sie.
Er rollte sich auf sie. Nahm ihr Gesicht in beide Hände.
Seine Daumen strichen über ihre Lippen. Langsam drang er
in sie ein. Ganz nahm sie ihn auf - umschmiegte ihn
feucht und warm. Leise stöhnte sie auf, gab sich ihm
hin. Er begehrte sie. Sie passte sich seinem Rhythmus
an. Ihre beiden Körper verschmolzen zu einer Einheit. Er
küsste ihren Hals, schmeckte ihren Schweiß. Ihre Hände
strichen über seinen Rücken, krallten sich in seine
Schultern. Er fühlte ein Welle kommen. Seine und auch
ihre. Unter ihm bäumte sie sich auf vor Lust. Diesmal
stöhnte sie lauter. Sie hatte ihre Hände auf seinem Po
und drückte ihn als wolle sie ihn immer tiefer in sich
hineinpressen. Mit einem Aufbäumen spülte ihn die Welle
in die tiefen Weiten der Lust. Er hörte sie laut, fast
schreien und er wusste, dass auch sie nun von der Welle
mitgerissen wurde.
Sie lagen nebeneinander. Engumschlungen. Streichelten
sich gedanken-verloren. Ihm war heiß.
„Dir ist heiß“, stellte sie fest. „Geh‘, spring‘ unter
die kalte Dusche“.
Verblüfft schaute er sie an. Sprachlos von ihrer
Wahrnehmung.
Durch das dunkle Zimmer tastete er sich ins Bad.
Mit einem Handtuch um die Hüften gewickelt kam er, nach
zehn Minuten, wieder zurück. Er hatte zwar nicht eiskalt
geduscht, fühlte sich aber dennoch erfrischt.
Und glücklich.
Das Zimmer war mittlerweile hell erleuchtet. Sie saß auf
dem Bett.
Was der Halbschatten vorhin nur erahnen ließ, bestätigte
sich ihm nun:
Sie ist wunderhübsch. Ihre Augen sind braun und wirken
wie die eines Teddybärs. Ihr dunkles, kurzes Haar
verleiht ihrem Gesicht etwas lausbübisches.
Sie schnürte gerade ihre Schuhe. Neben ihr auf dem Bett
lag etwas, jedoch konnte er nicht erkennen was es war.
„Was tust du?“, fragte er sie erstaunt. „Wo willst du
hin?“.
Sie band ihre Schlaufe zu Ende, hob den Kopf und schaute
ihn an. Ihr Blick war .... irgendwie leer und ging ein
wenig vorbei an ihm.
„Oh, vor dem Schlafengehen muss ich noch eine letzte
Runde mit Spiky drehen.“.
„Spiky?“, rief er fragend aus.
Sie griff neben sich aufs Bett, nahm einen weißen Stab
in die Hand.
„Ja, Spiky. Ein schwarzer Labrador. 2 Jahre alt.“.
Ein schwarzer Knäuel kam aus einer Ecke des Zimmers
gelaufen und setzte sich vor sie hin.
„Doch, kein Teppich“, schoss es ihm durch den Kopf.
Mit offenem Mund stand er da.
„Ich bin von Geburt an blind. Spiky ist mein
Blindenführhund. Und wie alle Hunde hat er dieselben
Bedürfnisse und muss vor dem Schlafen noch mal Gassi
gehen.“
Wie selbstverständlich klappte sie den weißen Stab
auseinander. Einen Blindenstock.
Sie ging mit dem Hund Richtung Tür, nahm im Vorbeigehen
ein Geschirr auf, das sie dem Hund vor Verlassen des
Zimmers noch umlegte.
Sicher bewegte sie sich durch den Raum. Jeder Schritt,
jeder Handgriff saßen.
Sie drehte sich um, schaute in seine Richtung. „Nicht
ohne Grund, war das Zimmer völlig abgedunkelt. Und nicht
ohne Grund wollte ich, dass du mich anders wahrnimmst,
als nur mit deinen Augen. Gleiche Bedingungen für beide
Seiten. Das war doch nur fair, oder? Schließlich war es
unser erstes Date“.
Damit ließ sie ihn stehen und ging mit ihrem Hund
spazieren.
Sie hatte recht. Es war das erste Date.
Und während er auf ihre und Spikys Rückkehr wartete,
dachte er:
„Ein wirkliches Blind Date – für beide Seiten....“ ...
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