Kinder der Nacht
Leicht und beschwingt
lief sie die alten, abgewetzten Stufen zur Kunstakademie
hinauf. "Endlich Wochenende," dachte sie sich "und ich
kann mir diese neue Ausstellung ansehen." Sie ging durch
die hohe Eingangstür, eilte durch die Eingangshalle, in
der sich um diese Uhrzeit kaum noch Besucher befanden
und erreichte schließlich den Raum, in dem diese neue
Ausstellung stattfinden sollte, von der sie in einem
kleinen Artikel im Feuilleton der Stadtzeitung gelesen
hatte. Ein junger, vielversprechender Künstler sollte
hier seine Werke dem interessierten Publikum vorstellen.
Als sie den Raum betrat, begegnete ihr ein junger Mann,
der einen Zeichenblock und einen Kohlestift in der Hand
hielt. Er lächelte sie freundlich an, ging wortlos an
ihr vorbei und verließ den Raum. "Irgendwie genau mein
Typ," dachte sie sich und drehte sich noch einmal kurz
nach ihm um. Er hatte lange, schwarze Haare, trug eine
Lederhose und war auch sonst ganz in schwarz gekleidet,
also genau der Typ Mann, der eine gewisse Faszination
auf sie ausübte. "Wie es wohl wäre, wenn ..." schoss es
durch ihren Kopf. Sie verwarf den Gedanken und begann
sich umzusehen.
Eine Art magische Aura schien diesen Raum zu erfüllen.
Sie kam immer wieder gerne hierher, betrachtete sich die
Werke der Nachwuchskünstler und lies sich von ihnen
inspirieren, hier konnte sie ihren einsamen Gedanken
freien Lauf lassen. Sie sah sich einige der Gemälde an,
bis sie ein ganz besonderes entdeckte. Es hieß "Kind der
Nacht". Sie fühlte sich sofort magisch angezogen von
diesem Bild. Es war ein Aquarell, ganz in schwarz und
anderen dunklen Tönen gemalt. Auf dem Bild war eine Frau
zu sehen, und wenn man genauer hinschaute, erkannte man,
dass sie gefesselt war und man ihr Augen verbunden
hatte. Sie kniete auf dem Boden, und trotz dem, dass sie
hilflos ausgeliefert war, machte sie irgendwie einen
glücklichen Endruck. Irgend etwas faszinierte sie an
diesem Bild. Es schien so, als ob es Raum und Zeit außer
Kraft setzen würde, als ob es ihre tiefsten Wünsche und
Sehnsüchte visualisieren würde. Das Bild begann vor
ihren Augen zu verschwimmen, und Bilder lang gehegter
Träume und Phantasien vermischten sich mit ihm. Es war
so, als ob ihre Phantasie Leben in dieses Bild gehaucht
hatte. Ihr Puls wurde schneller. Schon oft hatte sie
davon geträumt, sich einem Mann ganz zu schenken, sich
ihm völlig hinzugeben, sich ihm völlig auszuliefern,
aber sie hatte sich nie getraut auch nur den Versuch zu
wagen ihre geheimsten Wünsche zu realisieren.
Schließlich war sie eine erfolgreiche Geschäftsfrau und
in Zeiten weiblicher Emanzipation gilt es eben nicht als
schick sich einem Mann zu unterwerfen.
Es schien ihr so, als ob sie schon Stunden vor diesem
Bild gestanden hatte, als sich plötzlich eine Hand von
hinten auf ihre Schulter legte. Als sie sich zu Tode
erschreckt umdrehen wollte, meinte eine dunkle und
bestimmende, gleichzeitig aber irgendwie warme und
vertrauenerweckende Stimme: "Nein! Schau es Dir weiter
an." Sie wagte nicht zu widersprechen, und Ihre Augen
wichen nicht von dem Gemälde. "Dieses Bild fasziniert
mich immer wieder, wenn ich es ansehe." sagt er. "Es ist
so, als hätte meine Seele Gestalt angenommen, sich mein
Innerstes nach außen gekehrt und auf diesem Bogen Papier
verewigt hat." Adrenalin schoss in ihren Körper, sollte
es sein, dass andere Menschen die gleichen Phantasien
hegten, wie sie auch, oder wollte sich jemand einfach
nur einen Spaß mit ihr erlauben? Sie konnte nur "Es ist
wunderschön ..." stammeln, als seine Hand plötzlich
durch ihr langes, schwarzes Haar strich. Sie konnte sich
keinen Millimeter bewegen, obwohl er sie nicht
festhielt.
Irgend etwas ging von diesem Mann aus, was sie fesselte,
mehr als es jedes Seil dieser Welt könnte. Seine Hand
streichelte ihr sanft den Rücken hinab. "Du bist
wunderschön, genau wie dieses Bild." meinte er. Sie war
wahnsinnig aufgeregt, überlegte einige
Sekundenbruchteile, ob sie nicht einfach davonlaufen
sollte, verwarf diese Gedanken jedoch sofort. Er machte
ja genau das, wovon sie so lange geträumt hatte, nahm
sie bei der Hand und ergriff Besitz von ihr. Sie genoss
seine Berührungen, die sie elektrisierten. "Ich habe
Dich schon eine ganze Weile beobachtet, mit welcher
Leidenschaft Du Dir dieses Bild angesehen hast,"
unterbrach er wieder die Stille. Wieder vergingen
einiges Sekunden der Stille, die ihr wie Stunden
erschienen.
Plötzlich band er ihr von hinten einen schwarzen
Seidenschal um die Augen. Ein Anflug von Panik überfiel
sie, das war vielleicht die letzte Gelegenheit zu
fliehen, fliehen ... ja ... nein ... ja ... nein ...
NEIN! Wovor sollte sie den Angst haben, noch war ja
nichts passiert, und sie würde jederzeit wegrennen
können, wenn es ihr zuviel würde. Sie wurde wieder etwas
ruhiger, begann sich fallen zu lassen. Irgendwie spürte
sie, dass sie genau das gefunden hatte, wonach sie so
lange gesucht hatte. Andererseits kam es ihr so vor, als
ob sie gerade die ersten Schritte auf einer sehr langen,
spannende Reise gemacht hatte, eine Reise, dessen Ziel
für sie in völliger Dunkelheit lag. "Wir sind die beiden
einzigen, die noch hier sind." riss er sie aus ihren
Gedanken. Sie erschreckte etwas, denn sie hatte nicht
bemerkt, dass er sich vor sie gestellt hatte. Sie konnte
seinen Atem auf ihrer Wange spüren. Er griff ihre Hand.
"Folge mir einfach, vertraue mir." Er zog sie hinter
sich her. Mit kleinen, unsicheren Schritten folgte sie
ihm. Sie liefen eine Weile, bis er stehen blieb. Ein
komisches Geräusch drang an ihre Ohren, und er schob sie
noch zwei Schritte nach vorne. Als der Boden kurz unter
ihren Füßen wackelte, bemerkte sie, dass sie sich in
einem Fahrstuhl befand. Ein Klingelton bestätigte sie
und wieder zog er sie hinter sich her. Ein Schlüssel
öffnete eine Tür. Längst hatte ihre Neugier die Angst
besiegt, und sie folgte ihm, als er sie wieder bei der
Hand nahm. Sie würde ihm jetzt wohl überallhin folgen,
schoss es durch ihren Kopf.
Er ließ sie mitten im Raum stehen, betrachtete sie
einfach und genoss ihre Unsicherheit, die nicht nur an
ihren verbundenen Augen lag. Diese Sekunden wurden zur
Ewigkeit für sie, Raum und Zeit schienen nicht mehr zu
existieren. "Knie Dich hin!" forderte er sie auf. Etwas
unsicher ging sie in die Hocke, tastete mit ihren Händen
nach dem Boden und schließlich saß sie auf ihren Knien,
die Hände auf die Oberschenkel gelegt, den Po auf ihren
Füßen ruhend. "Hör mir genau zu!" sagte er zu ihr. Seine
Stimme erschien ihr unglaublich fordernd und
gleichzeitig behütend. "Wenn Du gehen willst, so ist das
Deine letzte Gelegenheit. Entschließt Du Dich jedoch zu
bleiben, so werde ich Dir eine Tür aufstoßen, von deren
Existenz Du nie geahnt hättest, werde Dich in Welten
führen, von denen Du nicht mal zu träumen gewagt hast.
Du wirst mir für immer gehören, wenn Du jetzt bleibst!"
"Dieser Mistkerl," schoss es durch ihren Kopf. Er wusste
doch längst, dass er gewonnen hatte, dass sie niemals
gehen würde, ja sogar lieber sterben würde. Schon eine
Sekunde später schämte sie sich für diesen Gedanken. Ja,
sie wollte sich fallen lassen, sich ihm hingeben und
wenn er es so wollte, dann sollte sie verdammt noch mal
ihm gehören. Er ließ ihr eine Minute Bedenkzeit, die ihr
unendlich vorkam. "Nun ich erwarte eine Antwort!"
unterbrach er die Stille. Sie brachte keinen Ton über
ihre Lippen. Sie liest einfach ihren Kopf auf ihre Brust
sinken, um ihm zu zeigen, dass sie ihm folgen wollte,
wohin auch immer er sie führen wollte.
Er beugte sich über sie und zog sie mit beiden Händen
nach oben, bis sie wieder auf ihren Füßen stand und
streichelte ihr über ihre Wange, zärtlich. Seine Hand
wanderte langsam an ihrem Hals hinab und begann
schließlich ihre schwarze Bluse zu öffnen. Er ließ sich
viel Zeit dabei, schien es zu genießen, wie er sie
voller Erwartung vor sich stehen sah. Ihre Anspannung
schien ihm zu gefallen, er schien sie auszukosten bis zu
letzten Tropfen. Als er die Bluse aufgeknöpft hatte,
streifte er sie über ihre Arme und ließ sie zu Boden
fallen. Er stellte sich hinter sie, küsste sie auf ihre
Schulten und biss ihr leicht in den Nacken, was ihr
einen leichten Seufzer entlockte. Seine Hand begann von
unten langsam ihren Rücken nach oben zu streicheln.
Gänsehaut begann ihren Körper zu bedecken, als er ihren
BH öffnete. Längst war sie ihm verfallen, als seine
Hände ihren Bauch berührten, sich langsam zu ihren
Brüsten vorarbeitete, deren Nippel bereits steil nach
oben standen, sie aber nicht berührte. Noch nie hatte
sie ein Mann mit so wenigen Berührungen derart erregt.
Sie atmete tief und schwer.
Er fasste ihre Handgelenke und sie spürte kaltes Metall
an ihnen. Er legte ihr Handfesseln aus Eisen an, drückte
ihren Körper einige Schritte zurück und führte ihre
Hände über ihren Kopf, wo er sie an einem Haken
befestigte. Jetzt war sie ihm endgültig völlig
ausgeliefert.
Es vergingen einige Sekunden, bis sie schließlich seine
Lippen auf ihren spürte. Sie öffnete ihre leicht und
seine Zunge fand ihren Weg in ihren Mund. Sie
verschmolzen beide in einem langen innigen Kuss. Er
hatte sein Hemd ausgezogen, und sie konnte seine
Brustwarzen an ihren Brüsten spüren. Seine Hände
streichelten an ihren Seiten herab und begannen ihren
Rock abzustreifen. Da sie selten einen Slip trug, stand
sie jetzt nur noch in ihren halterlosen Strümpfen und
ihren hochhackigen Schuhen vor ihm. Er ließ sich sehr
viel Zeit mit ihr, seine Fingerkuppen wanderten über
ihre Haut, erforschten jeden Quadratzentimeter Ihres
Körpers. Seine Lippen lösten sich von ihrem Mund und
wanderten langsam an ihrem Hals hinab. Sie spürte seine
Zähne, als er ihr fast zärtlich in den Hals biss, ein
kurzer Stich, doch sie spürte den Schmerz kaum. Ein paar
Tropfen ihres Blutes liefen über ihren Hals herunter zu
ihrer Brust, wo sie sich sammelten. Er nahm ihr Blut
begierig mit seiner Zunge auf. Sie wollte sich ihm ganz
schenken, und wenn er ihr Blut haben wollte, so sollte
er es haben. Es dauerte nicht lange und alles begann vor
ihr zu verschwimmen, als ob sie in einen tiefen, nie
enden wollenden Schlaf gefallen war.
Sie erwachte am nächsten Morgen wie gewöhnlich zu hause
in ihrem Bett. "Schade," dachte sie sich "alles nur ein
schöner Traum." Irgendwie wurde sie sehr traurig
darüber, es schien ihr so, als ob sie in ein großes Loch
fallen würde. Sie begab sich in ihr Bad, um sich für die
Arbeit fertig zu machen. Sie schaltete das Licht an,
doch als sie in den Spiegel schaute, erstarrte sie
plötzlich. Sie hatte kein Spiegelbild mehr, und als sie
sich instinktiv an den Hals fasste, fühlte sie, dass sie
einen metallenen Reif um ihn trug. Sie war jetzt ein
Kind der Nacht, SEIN Kind der Nacht. All ihre Trauer
verflog und ein glückerfülltes Lächeln überkam ihre
Lippen. Sie hatte sich ihm hingegeben und dafür das
größtmögliche Geschenk erhalten, sie würde ihm gehören,
bis in alle Ewigkeit ...
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